MSL Umfrage Mai 2020 – Kommunikation in der Corona-Krise
Abgeordnete arbeiten immer digitaler – klassische Medien bleiben Informationsquelle Nummer eins – Krise könnte Kommunikation dauerhaft verändern
Das Coronavirus hat auch den Deutschen Bundestag in einen Ausnahmezustand versetzt. Die derzeitige Krise zwingt dabei Abgeordnete wie Mitarbeiter, gewohnte Arbeitsmuster zu durchbrechen um den politischen Betrieb aufrechtzuerhalten.
Welche neuen Dynamiken in der Kommunikation der parlamentarischen Arbeit entstanden sind, hat die Kommunikationsberatung MSL (www.mslgroup.de) in einer Blitzumfrage unter zufällig ausgewählten Abgeordneten aller Fraktionen untersucht. Die Antworten zeigen: Die Parlamentarier konnten sich schnell auf die Krise einstellen und vielfach das Kommunikationsverhalten anpassen.
Zoom ist der beliebteste Dienst für Videokonferenzen
So ist etwa ein klarer Trend hin zur stärkeren Nutzung digitaler Werkzeuge und Dienste zu verzeichnen: 96 Prozent der befragten Abgeordneten gaben an, seit Beginn der Kontaktbeschränkungen verstärkt auf Videokonferenzen zu setzen. Trotz der Diskussionen um Datenschutzfragen ist hierbei besonders der Anbieter Zoom beliebt: 80 Prozent aller Befragten nutzen den Dienst für die Kommunikation im Berufsalltag.
Die Tendenz zu einer verstärkt digitalen Kommunikation lässt sich auch mit Blick auf persönliche Treffen bestätigen: Die überwiegende Mehrheit gab an, physische Begegnungen entweder zu reduzieren (76 Prozent) oder komplett auf diese zu verzichten (20 Prozent).
Soziale Medien sind fester Bestandteil der Parlamentsarbeit
In der Nutzung sozialer Medien zeigt sich ebenfalls, dass in der Corona-Krise vor allem bereits etablierte Plattformen zur digitalen Kommunikation beliebt sind: 81 Prozent der befragten Abgeordneten nutzen im Berufsalltag Twitter, dicht gefolgt von Facebook (71 Prozent) und Instagram (67 Prozent).
Die Nutzung von Online-Diensten scheint sich auch auf die Akzeptanz digitaler Veranstaltungsformate auszuwirken: So gab mehr als die Hälfte aller Befragten (60 Prozent) an, mindestens einmal die Woche an einem digitalen Fachgespräch oder einer Konferenz teilzunehmen.
Ein gutes Viertel der Abgeordneten zeigt sich von solchen Formaten jedoch unbeeindruckt: So mangelt es 16 Prozent der Befragten an inhaltlicher Relevanz der Online-Veranstaltungen, während etwa 8 Prozent hierbei vor allem die Möglichkeit zum informellen Austausch am Rand des Events vermissen.
Klassische Medien weiterhin beliebteste Informationsquelle
Wenn es um die eigene Information zu aktuellen Geschehnissen geht, baut ein Großteil der Befragten weiterhin auf klassische Print- und Onlinemedien (96 Prozent). Doch auch das direkte Gespräch mit Vertretern aus Wirtschaft und Gesellschaft wird hier von 64 Prozent aller Abgeordneten zur Entscheidungsfindung herangezogen.
Darüber hinaus dienen auch soziale Medien 60 Prozent der Befragten als zusätzliche Informationsquelle. Besonders spannend dabei: die Plattformen werden damit insgesamt von mehr Abgeordneten als wichtige Informationsquelle bewertet als “TV und Radio” oder schriftlich aufbereitete “Informationen und Positionspapiere” (jeweils 48 Prozent).
Rückkehr zu alten Gewohnheiten wahrscheinlich, doch einige Innovationen könnten bleiben
Insgesamt scheint klar, dass viele digitalisierte Prozesse und Formate bei den Abgeordneten auf Akzeptanz stoßen: Zwar schätzten es 72 Prozent der Befragten als “(sehr) wahrscheinlich” ein, nach dem Ende der Krise wieder in den alten Regelbetrieb zurückzukehren. Gleichzeitig halten es aber 36 Prozent für wahrscheinlich und 60 Prozent sogar für sehr wahrscheinlich, dass einige Gewohnheiten auch nach der Pandemie im parlamentarischen Arbeitsalltag bestehen bleiben werden.
Dazu gehört unter anderem eine verstärkte Akzeptanz für Home-Office-Regelungen und eine stärkere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die ein Drittel (33 Prozent) der Befragten auch nach der Corona-Krise erwartet. 42 Prozent rechnen außerdem damit, dass die Pandemie ein stärkeres Bewusstsein für den Ressourceneinsatz hinterlässt, mehr Termine auch digital wahrgenommen werden können und sich insgesamt somit auch die Notwendigkeit für Dienstreisen in Zukunft reduzieren wird.
Für die Untersuchung hat MSL eine zufällige Stichprobe von rund 30 Prozent der Abgeordneten aller Fraktionen befragt. Die Rückmeldequote betrug etwa 12,5 Prozent.
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